Meine Reaktion auf das Video "Die Zerstörung der Presse"

Lieber Rezo...

...danke für dein Video "Die Zerstörung der Presse". Du sagst darin viel Richtiges und gehst teils sachlich auf die zu lösenden medialen Missstände ein. Trotzdem vermisse ich ein paar Dinge, obwohl natürlich klar ist, dass du nicht alles in einem einzigen Video ansprechen kannst.

Du sagst völlig richtig, dass man differenzieren muss und nicht pauschal alle Medien in einen Topf werfen darf. Du kritisierst auch - völlig zurecht - verkürzte Darstellungen. Allerdings verkürzt du in der Darstellung der Inhalte der Personen, denen du verkürzte Darstellung vorwirfst, gleichermaßen und differenzierst dabei nicht. Du machst zum Beispiel pauschal KenFM lächerlich, obwohl dort nicht einmal annähernd alle Inhalte "Bullshit" sind, wie man an diesem Beispiel und auch vielen anderen Videos und Texten sehen und lesen kann. Dass das verkürzte "Fakten in Geschichten verpacken" nicht nötig ist, beweist übrigens die Rechercheplattform Addendum, die in ihren Artikeln immer mehrere Aspekte eines Sachverhalts auf durchwegs sachliche Art und Weise beleuchtet. 

In deiner Kritik arbeitest du dich nicht ganz zu Unrecht vor allem an der "Bild" und den konservativ verordneten Zeitungen "Welt" und "Focus" ab. "Spiegel", "Zeit" oder "Süddeutsche" nimmst du pauschal in Schutz. Das ist in meinen Augen eine halbherzige Differenzierung. Wenn schon denn schon. Kein Medium ist perfekt, oder?

Du sprichst an, dass Menschen, die ein "niedriges Level an analytischem Denken" haben, viel eher an sogenannte Verschwörungstheorien glauben. Das mag stimmen, allerdings sollte dann klar zwischen echten "Verschwörungstheorien" oder "Verschwörungsmythen" und Fakten unterschieden werden. Da passiert dir - ob absichtlich oder unabsichtlich sei dahingestellt - der gleiche Fehler wie nahezu allen "seriösen" Medien: du vermischst Dinge miteinander, die gar nicht zusammengehören. Das halte ich nicht für sehr wissenschaftlich. Was haben zum Beispiel Reptiloide mit der Diskussion um eine COVID-19-Impfplicht zu tun? Aber mal rein gar nichts. Ein "niedriges Level an analytischem Denken" kann in diesem Sinne auch dazu führen, dass man vermeintlich seriösen Berichten des Mainstream auf den Leim geht, ohne sie zu hinterfragen.

Mit den Begriffen "Verschwörungstheorie" oder "Bullshit" muss vorsichtig umgegangen werden, auch dabei ist Differenzieren angesagt. Da wird sehr oft pauschal vieles in einen Topf geworfen, auch von "seriösen" Medien, wodurch legitime Kritik rasant als Verschwörungstheorie abgestempelt wird. Außerdem hat mir noch niemand erklärt, warum mache Dinge solange als "Verschwörungstheorie" bezeichnet werden, bis sie dann in der Realität auftreten. Vielleicht kannst du mir bei der Beantwortung dieser Frage weiterhelfen? Ich empfehle dir beispielsweise, zum Thema "Geoengineering" zu recherchieren.

Ist es etwa schon eine Verschwörungstheorie, wenn jemand feststellt, dass die uns Regierenden nicht immer das Beste für uns wollen? Oder dass es - in Analogie zur Tierwelt, zum Beispiel einem Wolfsrudel - völlig "normal" ist, dass die Regierenden Inhalte, die an ihrer Macht sägen, als "gefährlich" bezeichnen, um an der Macht zu bleiben, und diejenigen, die an die Macht wollen, die Regierenden als "gefährlich" oder "unfähig" bezeichnen, um selbst die Macht zu erringen? Aber ich schweife ab.

Du sagst, dass "nackte Tatsachen das größte Problem des Mainstream" sind. Daumen rauf, da stimme ich dir absolut zu. Die Geschichte steht im Vordergrund, die harten Fakten werden unter Meinungen und subjektiven Zuschreibungen verwässert. Das sehe ich ebenfalls als Problem an.

Ich würde mir wünschen, dass du mir ein exaktes Zitat der "bösen Erzähler von Verschwörungstheorien" schickst, und mir genau erklärst, was daran gefährlich ist und vor allem für wen es gefährlich sein soll. Und weil du sagst, dass die von dir erwähnten "Verbreiter von Verschwörungsmythen" etwas als "Wahrheit" verkaufen: machen das die Mainstream-Medien nicht auch immer wieder? Übrigens kann das nicht so ganz stimmen, denn ein Oliver Janich sagt zum Beispiel in seinen Videos öfters Dinge wie "meiner Meinung nach" oder "ich denke, dass". Da kann man also auch nicht undifferenziert behaupten, dass irgendetwas als "absolute Wahrheit" verkauft wird.

Warum attackierst du eigentlich "nur" die boulevardeske Bild und die konservativen Focus und Welt. Warum nicht auch Spiegel, Zeit, Süddeutsche et al.? Wo bleibt das Differenzieren bei den drei zuletzt erwähnten Zeitungen? Ich differenziere jetzt mal kurz quasi Hardcore-mäßig: du wirst sowohl in Focus als auch in der Welt als auch in der Bild als auch in der Zeit als auch im Spiegel als auch in der Süddeutschen als auch bei den sogenannten "Verschwörungstheoretikern" gute und schlechte Inhalte finden oder gute und weniger gute, um es ein bisschen freundlicher zu formulieren.

Du erwähnst, dass bei den von dir gelobten Zeitungen die Standards höher sind. In diesem Sinne hoffe ich, dass Relotius ein Einzelfall war. Soviel dazu.

Vieles, das in allerlei Mainstream-Medien verzapft wird, kann ich auch ganz "easy" als Quatsch entlarven. Zweifelsfrei zu überprüfen, was Quatsch ist und was nicht, gestaltet sich leider oftmals schwierig, obwohl ich denke, dass die Anwendung von Data Science gute Dienste leisten könnte. Damit ließen sich Texte analysieren, auf bestimmte Worte und die Anzahl ihrer Verwendung hin überprüfen, bis hin zum Kontext, in dem sie verwendet werden. Nach Abschluss so einer Analyse, die Jahre in Anspruch nehmen dürfte, da es sehr viele Länder und sehr viele Sprachen und sehr viele Artikel gibt, können wir weiterreden, was einer "Wahrheit" am nächsten kommt.

Überhaupt vergleichst du in meinen Augen zum Teil Äpfel mit Birnen, wie man so schön sagt, denn Xavier Naidoo und Attila Hildmann, die du auf heftige Art angreifst, sind keine Journalisten. Außerdem haben sie meines Wissens nach nie eine "absolute Wahrheit" für sich beansprucht. Das haben sie nur dank verkürzter medialer Darstellungen getan. Verstehe mich nicht falsch, ich möchte mich hier nicht zum Verteidiger eines Sängers und eines Kochs hochspielen. Ich finde nur, dass, wenn man schon zum Differenzieren anregt, diese Anregung auch bis zum letzten Atemzug durchgezogen werden sollte. Immerhin sind alle von dir als "Bullshit" verbreitende "Verschwörungsmystiker" bezeichneten Personen Menschen mit Familie. Das wird beim momentan stattfindenden Diskurs ein klein wenig vernachlässigt. Da wird in meinen Augen regelrecht entmenschlicht, pauschal und undifferenziert. Das wirkt fast so, als ob irgendjemand der Bevölkerung vorschreiben möchte, was "wahr" und was "falsch" ist. Und dabei dachte ich, dass genau das gefährlich ist.

Du sprichst ein weiteres ganz wichtiges Problem an, indem du erwähnst, dass mittels Überschriften schon eine Manipulation stattfindet, bevor ein Artikel gelesen wird. Völlig richtig. Auch absolut richtig, dass schwammige Formulierungen wie "viele kritisieren" manipulierend sein können. Das finde ich aber durch die Bank in allen von dir erwähnten Medien, auch den als "seriös" eingestuften. Ein großer Unterschied zur "Bild" liegt dabei in der Qualität der Sprache, die in selbiger sehr einfach gehalten ist. In "Welt", "Zeit" etc. ist das textliche Niveau um einiges höher. Trotzdem bin ich mit vielen Inhalten nur zum Teil zufrieden. Dazu wird es von mir auf diesem Blog noch genug zu lesen geben, immer darum bemüht, konstruktiv und nicht beleidigend zu sein, damit sich etwas verbessert.

Du meinst, dass von dir kritisierte Promis, Journalisten oder YouTuber gegen demokratische Strukturen hetzen würden. Es wäre hilfreich, wenn das mit einem nicht aus dem Kontext gerissenen Zitat belegt werden könnte. Pauschal und undifferenziert kann man das meines Erachtens nach nicht so hinwerfen, wenn überhaupt. Trotzdem lobe ich deinen Ansatz, gegen Pauschalurteile anzugehen; allerdings sollte das dann auch zu 100 Prozent durchgezogen werden.

Du sagst, dass Vertrauen in die Presse wichtig ist. Warum denn? Was genau macht die Welt besser oder sicherer oder demokratischer, wenn alles und jeder der "etablierten" Presse vertraut? Was genau ist denn gefährlich an einem Misstrauen mit Maß und Ziel, ohne in Paranoia abzudriften? Wann hat gesundes Misstrauen je geschadet? Und mir wurde vor einigen Jahren noch gesagt, ich soll nicht so naiv sein, weil man mich sonst ausnützen könnte. Was ist denn gefährlich daran, wenn man nicht in lemminghafter Naivität allem, was der Mainstream schreibt oder sendet, kritiklos nachläuft? Gefährlich kann es wohl durchaus werden, wenn radikale Pauschalurteile entstehen, die du ja auch richtigerweise kritisierst, dann aber selbst bis zu einem gewissen Grad auf manche Zeitgenossinnen und Zeitgenossen anwendest. Zum Abschluss dieses Absatzes noch eine Frage: was ist gefährlich daran, ein gesundes Misstrauen den Mächtigen gegenüber zu haben? Wie war das noch mal im ersten Teil von Spiderman mit Tobey Maguire? "Aus großer Kraft/Macht folgt große Verantwortung". Oh ja, so ist es. Allerdings gilt das in alle Richtungen. Willst du also Pauschalurteile bekämpfen und zum Differenzieren anregen, dann musst du das immer so gut wie irgend möglich machen. Es gibt etwas, das nennt man Empathie, was die Fähigkeit beinhaltet, sich in die Standpunkte einer anderen Person hineinversetzen zu können. Und zwar in Standpunkte jeder Person, wenn sie nicht gerade einen abartigen, mörderischen, respektlosen Charakter hat. Es gibt ja immerhin noch so etwas wie einen Rechtsstaat, der sich um die wirklich gefährlichen Personen kümmert. Manchmal habe ich aber den Eindruck, dass viele Medien die Arbeit von Gerichten übernehmen wollen und mit Vorverurteilungen um sich werfen. Da frage ich mich dann schon, ob derart der Rechtsstaat nicht ad absurdum geführt wird. Aber das ist ein anderes Thema.

Zu den Faktencheckern, die du erwähnst, fällt mir folgende Frage ein: kennen sie sich immer mit dem Thema aus, mit dem sie sich beschäftigen? Überhaupt hätte ich da mal eine Anregung an alle Faktenchecker: warum checkt ihr nicht bei allen Medien die Fakten, sondern tendenziell immer bei der als gefährlich dargestellten "Gegenöffentlichkeit". Ist euch schon einmal in den Sinn gekommen, das ganze aus der folgenden Perspektive zu sehen: eine Gegenöffentlichkeit muss nichts Schlechtes sein, denn Macht braucht Kontrolle. Wenn viele "seriöse" Medien diese Kontrollfunktion nur mehr rudimentär wahrnehmen, dann ist eine "Gegenöffentlichkeit" unumgänglich. Die wird durch zu viele einseitige, pauschal verurteilende Geschichten regelrecht gezüchtet. Aber vielleicht geschieht das ja mit Absicht; vielleicht wird medial mit voller Absicht provoziert, um gehässige Beleidiger aus ihren Löchern zu scheuchen, damit man dann fast schon voller Stolz eine Hass-Mail oder ein Hass-Posting vorzeigen kann, um die eigenen Narrative von einem ungezügelten Internet-Mob zu bestätigen. Aber das ist eine Theorie und ich schweife schon wieder ab. Abschweifen ist zwar gegen jede Regel des "guten" Textens, aber ich war noch nie ein Freund des "Mit-dem-Strom-Schwimmens".

Du beziehst dich in deinen Quellen unter anderem auf diesen Text von Correctiv. Ich greife hier einen Satz, der gleich zu Anfang fällt, heraus: "KenFM ist sichtlich wütend". Ist das wirklich ein Fakt? Ist es belegbar, dass er bei der Aufnahme seines Videos wütend war? Naja, geschenkt. Das führt jetzt vielleicht zu weit. Ich hoffe, es ist klar, was ich meine. Wenn im Faktencheck gleich zu Beginn persönliche Eindrücke einfließen, dann macht das den Check nicht unbedingt zu 100 Prozent glaubwürdig. Dass auf Correctiv noch dazu die "Falschheit" oder "Echtheit" von Inhalten "bewertet" wird (nach welchen wissenschaftlichen Kriterien?), wird nicht unbedingt das Vertrauen der Menschen in solche Faktenchecks in unermessliche Höhen wachsen lassen. Wie dem auch sei: das ändert natürlich nichts an der Tatsache, dass wirkliche Falschnachrichten aufgedeckt werden sollten, sofern sie tatsächlich welche sind. 

Immerhin kritisierst du die von dir gelobten Medien, wenn es um die Berichterstattung über dich selbst geht. Das ist ein dankenswerter Anfang. Allerdings sagst du in deinem Video auch, dass du nur "Fakten" erzählst, genau wie "die Medien". Das hält nur leider keinem Faktencheck stand. Da müssten zum Beispiel belegbare Zitate - in vollem Kontext - von den "Verschwörungstheoretikern" gebracht werden. Du sprichst auch davon, dass "du und der Rest von uns" in einer anderen Realität leben, als KenFM et al. Das mag stimmen, allerdings lebt jeder Mensch bis zu einem gewissen Grad in seiner eigenen Realität. Keiner von uns hat die Fähigkeit, die gesamte Realität zu erfassen. Demnach kann ein jeder von uns nur in einem Teil der gesamten Realität leben. Aber geschenkt. Also: wo sind die exakten Zitate aus der "Gegenöffentlichkeit", die Hetze und Verschwörungstheorie sind? Und ich meine Zitate von ernst zu nehmenden Kritikern und nicht die von echten Spinnern, die es leider auch gibt - damit meine ich aber nicht die von dir explizit angegriffenen Personen.

Warum sind "Spiegel" oder "Süddeutsche" in deinen Augen um so vieles besser als "FAZ" oder "Welt"? Ich dachte, dass Fehler bei Menschen normal sind und man sie niemandem vorwerfen darf. KenFM oder Oliver Janich dürfen ja allem Anschein nach in deinen Augen keine Fehler machen, die "seriösen" Medien allerdings schon? Misst du da nicht mit zweierlei Maß? Dann meinst du noch, dass der Mainstream selten Fehler macht und die andere Seite oft. Ist das mit Zahlen belegbar? Stichwort Data Science.

Du erwähnst auch False-Flag-Angriffe, die der Antifa untergejubelt werden. Wenn es die gibt, warum sollte das in die andere Richtung nicht auch existieren?

Deine Forderung nach Transparenz ist voll zu unterstützen. Nur mit größtmöglicher Transparenz vonseiten der Mächtigen wird sich möglicherweise Besserung einstellen.

Noch etwas: wann hat ein Hildmann je zu Gewalt aufgerufen? Gibt es da ein Zitat? In Hinblick auf die "Verschwörungstheorien": wo ist der wissenschaftliche Beweis für die Zuschreibung "gefährlich"? Da kann ich gleich Hollywood einstampfen, weil die Sachen vermitteln, die gefährlich sein könnten, denn es könnte ja jemand auf die Idee kommen, das nachzumachen, was in einem Film gezeigt wird. Es könnte ja jemand glauben, dass Selbstjustiz, wie sie oft von Superhelden praktiziert wird, eine absolut geniale Idee ist und dabei nicht nur sich selbst, sondern auch Unschuldige gefährden. Sind deshalb alle Superhelden-Filme gefährlich?

Du sagst völlig richtig, dass diejenigen zu verurteilen sind, die ihre Macht missbrauchen und ihrer Verantwortung nicht gerecht werden. Doch wer missbraucht denn wirklich Macht mit voller Absicht? Um das herauszufinden, genügt es, Inhalte sachlich zu diskutieren und sie nicht pauschal als "Bullshit" zu bezeichnen. Dafür braucht es keine komplizierten Datenanalysen.

Ich frage mich auch, wer die stärkere Position hat: die Medien und die Politik oder Portale wie KenFM, Journalisten wie Oliver Janich oder Sänger wie Xavier Naidoo? Ganz klar die Politik und die Medien. Und wenn Stärkere über "Schwächere" herfallen, dann ist das in meinen Augen immer verdächtig.

P.S.: Übrigens hast du das Thema irgendwie ein bisschen verfehlt. Wenn du titelst "Die Zerstörung der Presse" und dann im Video nur eine bestenfalls halbherzige "Zerstörung der Presse" veranstaltest, dann frage ich mich, ob der passendere Titel nicht gewesen wäre "Zerstörung der Verschwörungsmythen". Aber das hätte wohl weniger Aufmerksamkeit generiert.

P.P.S.: Wenn du mir auf meinen Text eine vernünftige, wissenschaftliche und auf Evidenz basierende Antwort geben kannst, dann schwöre ich hoch und heilig, nie wieder "gefährliche" Inhalte voller "Bullshit" anzuschauen. Dann begebe ich mich freiwillig auf KenFM-, Janich- und Wie-sie-alle heißen-Entzug. Versprochen.

P.P.P.S.: Bei all der Schönheit des Differenzierens darf nicht auf das Integrieren vergessen werden. All die durch Differenzieren entstandenen Einzelteile müssen auch integriert werden, um das große Ganze zu sehen - mathematisch beschrieben.

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